(Deutsch) Stellungnahme: «Haftbefehl und Auslieferungsgesuch gegen Baskin Nekane Txapartegi aufgehoben»

Nach der Verurteilung in einem politischen Prozess und schweren Folterungen durch die Guarda Civil flüchtete Nekane Txapartegi 2007 aus dem Baskenland. Anfang April 2022 hob nun das spanische Sondergericht Audiencia Nacional den internationalen Haftbefehl und das Auslieferungsgesuch auf. Nach 15 Jahren Exil konnte Nekane Txapartegi nun im Baskenland ihre Familie in die Arme schliessen.

Nach ihrer Flucht lebte Nekane Txapartegi mit ihrer Tochter in der Schweiz. 2016 wurde sie in Zürich auf Druck der spanischen Behörden festgenommen. Sie verbrachte 17 Monate in Haft, bevor die spanischen Behörden das Auslieferungsgesuch zurückzogen. Eine breite «Free Nekane» Solidaritätskampagne hatte die sexualisierte Folter und politische Verfolgung an die Öffentlichkeit gebracht. Bereits vor Txapartegis Freilassung erhob die spanische Justiz jedoch neue Vorwürfe. Die falschen Papiere, die Txapartegi bei der Verhaftung in Zürich bei sich getragen hatte, sollten angeblich eine ETA-Mitgliedschaft beweisen. Bei den Papieren handelte es sich um Ausweise für sich und ihre Tochter. In diesem Zusammenhang stellten die spanischen Behörden im Oktober 2020 ein weiteres Auslieferungsgesuch an die Schweiz. Auch international war ein Haftbefehl in Kraft.

Nun zog der Gerichtshof Audiencia Nacional alle Anschuldigungen zurück bis auf den Besitz der falschen Papiere. Weil dies schlimmstenfalls eine leichte Strafe nach sich ziehen wird, hob die Audiencia Nacional den Haftbefehl und das Auslieferungsgesuch auf. Nach der Anhörung am 5. April in Madrid konnte Nekane Txapartegi nach 15 Jahren Flucht mit ihrer Tochter ins Baskenland zurückkehren. Der Prozess wegen falschen Dokumenten soll dieses Jahr im Herbst stattfinden.

Die Schweiz hatte Nekane Txapartegi zwar nie ausgeliefert, das hängige Auslieferungsgesuch bedeutete jedoch eine grosse Unsicherheit für die baskische Feministin und ihre Tochter. Der internationale Haftbefehl verhinderte Reisen im ganzen EU-Raum. Ihre minderjährige Tochter konnte ebenfalls nicht aus der Schweiz ausreisen, weil sie die nötigen Papiere nicht erhielt. Dass die spanische Justiz nun jegliche Vorwürfe wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der ETA zurückgezogen hat, ermöglicht nun eine Lösung der administrativen und juristischen Probleme. Nach dem Besuch im Baskenland wird Nekane Txapartegi Anfang Mai in die Schweiz zurückkehren.

Freenekane Bündnis, 21.04.2022
Medienkontakt: freenekane.medien@gmail.com

(Castellano) Informe: «Anulada la orden de detención y la petición de extradición de la vasca Nekane Txapartegi»

Tras ser condenada en un juicio político y ser gravemente torturada por la Guardia Civil, Nekane Txapartegi huyó del País Vasco en 2007. A principios de abril de 2022, el tribunal especial español a través de la Audiencia Nacional anuló la orden de detención internacional y la solicitud de extradición. Tras 15 años de exilio, Nekane Txapartegi pudo abrazar a su familia en el País Vasco.

Tras su huida, Nekane Txapartegi vivió con su hija en Suiza. En 2016, fue detenida en Zúrich por presiones de las autoridades españolas. Pasó 17 meses detenida antes de que las autoridades españolas retiraran la solicitud de extradición. Una amplia campaña de solidaridad “Free Nekane” había llevado a la opinión pública la tortura sexualizada y la persecución política. Sin embargo, incluso antes de la liberación de Txapartegi, la justicia española formuló nuevas acusaciones según las cuales, la documentación falsa que Txapartegi llevaba consigo cuando fue detenida en Zúrich pretendía presuntamente demostrar la pertenencia a ETA. Los papeles eran documentos de identidad para ella y su hija. En este contexto, las autoridades españolas presentaron otra solicitud de extradición a Suiza en octubre de 2020. También estaba en vigor una orden de detención internacional.

Actualmente la Audiencia Nacional ha retirado todos los cargos excepto el de posesión de documentos falsos. Debido a que, en el peor de los casos, esto supondrá una condena leve, la Audiencia Nacional anuló la orden de detención y la solicitud de extradición. Tras la vista celebrada el 5 de abril en Madrid, Nekane Txapartegi pudo regresar al País Vasco con su hija tras 15 años de fuga. Está previsto que el juicio por falsedad documental se celebre este año en otoño.

Suiza no extraditó a Nekane Txapartegi, pero la solicitud de extradición pendiente supone una gran incertidumbre para la feminista vasca y su hija. La orden de detención internacional le impedía viajar por toda la UE, mientras que a su hija menor de edad le fue negada la documentación necesaria para salir de Suiza. El hecho de que la justicia española haya retirado cualquier acusación de pertenencia o apoyo a ETA permite ahora resolver los problemas administrativos y jurídicos. Tras la visita al País Vasco, Nekane Txapartegi volverá a Suiza a principios de mayo.

Alianza Free Nekane, 21.04.2022

Contacto para medios de comunicación: freenekane.medien@gmail.com

(English) Statement: «Arrest warrant and extradition request against Nekane Txapartegi revoked»

After being convicted in a political trial and severely tortured by the Guarda Civil, Nekane Txapartegi fled the Basque Country in 2007. Beginning of April 2022, the Spanish special court Audiencia Nacional annulled the international arrest warrant and the extradition request. After 15 years in exile, Nekane Txapartegi was able to embrace her family again in the Basque Country.

After her escape, Nekane Txapartegi lived with her daughter in Switzerland. In 2016, she was arrested in Zurich under pressure from the Spanish authorities. She spent 17 months in detention before the Spanish authorities withdrew the extradition request. A broad “Free Nekane” solidarity campaign had brought the sexualised torture and political persecution to public attention. Even before Txapartegi’s release, however, the Spanish justice system made new accusations. The false papers that Txapartegi had carried when she was arrested in Zurich were supposed to prove her ETA membership. The papers were identity cards for herself and her daughter. In this context, the Spanish authorities submitted another extradition request to Switzerland in October 2020. An arrest warrant was also in force internationally.

In the beginning of April the Audiencia Nacional Court withdrew all charges except for possession of false papers. Because this will result in a mild sentence at worst, the Audiencia Nacional withdrew the arrest warrant and the extradition request. After her hearing on the 5th of April in Madrid, Nekane Txapartegi was able to return to the Basque country with her daughter after 15 years on the run. The trial for the false documents is scheduled to take place this autumn.

Switzerland never extradited Nekane Txapartegi, but the pending extradition request meant great uncertainty for the Basque feminist and her daughter. The international arrest warrant prevented her from travelling throughout the EU. Her underaged daughter was also unable to leave Switzerland, not being entitled to the necessary papers. The fact that the Spanish judiciary has now dropped all charges of membership or support for ETA allows Nekane to solve the administrative and legal problems she’s faced.

After the visit to the Basque country, Nekane Txapartegi will return to Switzerland in the beginning of May.

Freenekane Alliance, 21.04.2022

Media contact: freenekane.medien@gmail.com

5 Jahre erfolgreiche Kampagne!

Vor fünf Jahren wurde Nekane in der Schweiz verhaftet. Dank einer breit vernetzten und erfolgreichen Kampagne (schau dir dazu die Website an) ist sie heute nicht mehr in Gefangenschaft.

Der Kampf gegen Folterstaten und Folterunterstützerinnen ist jedoch nicht vorbei. Die Gefahr einer erneuten Verhaftung bleibt bestehen (Infos zur aktuellen Situation).
Bleiben wir stark, bleiben wir vernetzt, bleiben wir kämpferisch! Freiheit für Nekane!!

www.freenekane.ch

Vier Jahre seit meiner Verhaftung in der Schweiz: vier Jahre der Ungewissheit

Brief von Nekane für euch alle:

Heute vor vier Jahren, am 6. April 2016 wurde ich in Zürich auf dem Pausenhof meiner Tochter verhaftet. Zwischen den beiden Stickern «Free Nekane» und «Nekane bleibt frei» sind also vier Jahre vergangen und in dieser Zeit ist viel passiert.

Nach der siebzehnmonatigen Isolation in Schweizer Gefängnisse ging die politische Verfolgung weiter. Mitten in der Aufregung für die Vorbereitung als 1. Mai-Hauptrednerin 2018 erfuhr ich, dass das Sondergericht Audiencia Nacional ein neues Verfahren gegen mich ankündigt. Doch ich liess mich nicht einschüchtern und denunzierte an der 1. Mai-Schlusskundgebung auf dem Sechsenläutenplatz die Existenz politischer Gefangener weltweit. Nach dieser Rede drohte mir ein in der Schweiz lebender spanischer Faschist und ehemaliger Beamter der Guardia Civil in einer spanischen Zeitung, mir solle meine Aufenthaltsbewilligung entzogen werden. Ein Jahr verging mit dieser konstanten Ungewissheit, wie es weitergehen wird.

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Zur Demo: Nekane – Eine von uns vom 8. Juni 2019 in Zürich

Medienmitteilung vom 9.6.2019 zur Demo: Nekane – eine von uns!

400 Personen, überwiegend Frauen*, zeigten gestern in Zürich ihre Solidarität mit Nekane Txapartegi. Knapp eine Woche vor dem Frauen*Streik machten sie ihre Forderung klar: Stoppt die politische Verfolgung von der Überlebenden von sexualisierter Folter. Die Demonstration zog vom Limmatplatz der Langstrasse entlang bis zum Helvetiaplatz.

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Pressemitteilung: Die politische Verfolgung von Nekane Txapartegi geht weiter Spanischer Staat droht mit neuem Auslieferungsantrag

Eineinhalb Jahre nach ihrer Freilassung drohen die spanischen Behörden mit einem neuen Haftbefehl gegen Nekane Txapartegi. Dabei hatten das Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht als glaubhaft erachtet, dass die baskische Journalistin im spanischen Staat gefoltert wurde. Trotzdem blieb es den Schweizer Behörden bisher erspart, zu den Foltervorwürfen Stellung zu nehmen.

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Die B-Bewilligung ist endlich da!

Liebe Genoss*innen und Freund*innen

Es hat lange gedauert, bis ich mich nun endlich bei euch melde. Die bürokratischen Schikanen haben mir viel Zeit, Kraft und Nerven gekostet. Seit dem 15. März haben meine Tochter und ich nun endlich eine B-Bewilligung. Dieses Papier wird unseren administrativen Alltag erleichtern.

Normalerweise dauert es einige wenige Tage, um eine B-Bewilligung zu erhalten. Man legt einen Arbeits- und einen Mietvertrag vor und kurz darauf wird die Bewilligung ausgestellt. Bei uns hat es nun ganze sechs Monate gedauert. Während dieses halben Jahres habe ich mich durch die Ämter gekämpft, es gab eine grosse Ignoranz gegenüber meinem angeblich «speziellen Fall». Ich musste mir auch rassistische Aussagen von Behördenmitgliedern gefallen lassen. Das repressive Vorgehen gegen mich ist also auch ausserhalb der Gefängnismauern weitergegangen.

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Medienmitteilung: Asylrekurs abgelehnt – klare Warnung an EJPD

Asylverfahren Nekane Txapartegi:
*ASYLREKURS ABGELEHNT – KLARE WARNUNG AN EJPD*

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheid vom 27. November 2017 den Rekurs gegen den negativen Asylentscheid abgelehnt. Die Ablehnung wurde zentral damit begründet, dass mit der Verjährung der Strafe und dem Rückzug des Auslieferungsantrags keine Verfolgung mehr besteht.

Trotz der geänderten Ausgangslage äussert sich das St. Galler Gericht auch zu den Foltervorwürfen der Baskin:

Insbesondere seien schon länger „Vorwürfe, in Spanien seien baskische (politische) Gefangene gefoltert worden“ von Menschenrechtsorganisationen geäussert worden, was bei Nekane Txapartegi auch vor dem Hintergrund der damaligen generellen wie auch persönlichen Situation der Beschwerdeführerin zu beurteilen sei (Erw. 7.1.1)

Das St. Galler Gericht kritisiert, dass das SEM verkannt habe, dass es sich bei den Justizpersonen und Ärzten während der Incommunicado-Haft von Nekane Txapartegi „unter Umständen um nicht unabhängige“ Personen gehandelt habe, sondern um Personen „welche als Teil eines Systems betrachtet werden müssen, das den damaligen baskischen Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber nicht freundlich eingestellt war“ (Erw. 7.1.2). Das St. Galler Gericht glaubte Nekane Txapartegi, dass ihre Verletzungen während der Incommunicado-Haft stetig zunahmen, „weshalb sie durchaus in Haft zugefügt worden sein könnten“ (Erw. 7.1.3)

In seiner Medienmitteilung macht das Gericht klar: „Zu den geltend gemachten Folteranschuldigungen kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass angesichts der damaligen Umstände durchaus möglich ist, dass die Beschwerdeführerin während ihren Aufenthalts in Tres Cantos der Guardia Civil sowie im Gefängnis Soto del Real physischen wie auch psychischen Misshandlungen ausgesetzt war.“

Auch die Qualität des SEM-Entscheids wird von den St. Galler Richtern moniert. Es falle auf, dass das SEM „äusserst ausführlich die spanischen Akten die Beschwerdeführerin betreffend abgehandelt hat“, hingegen die „zahlreichen von der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin eingereichten Berichte […] vom SEM lediglich in einem knappen Abschnitt aufgelistet“ und kaum gewürdigt wurden. Damit habe das SEM seine Begründungspflicht verletzt (Erw. 5.3.4).

Aufgrund der „äusserst speziellen aktuellen Situation“ angesichts des Rückzugs des Auslieferungsgesuchs durch Spanien wurde die Sache jedoch nicht an das SEM zu einer Neubeurteilung zurückgewiesen (Erw. 5.4.2).

Ähnlich äusserte sich auch das Bundesgericht anlässlich eines Entscheides zu den Anwaltskosten im Auslieferungsverfahren vom 31. Oktober 2017: „En revanche, la question de la conformité de la procédure étrangère aux exigences de l’art 3 CEDH, en particulier le volet formel de cette disposition, apparaissait pour le moins délicate compte tenu des allégations crédibles de la recourante quant à des mauvais traitements subis lors de la garde à vue, et de la lenteur des autorités espagnoles à ouvrir puis à mener une enquête effective au sujet de ces allégations.“

Auch hier wird dem Bundesamt für Justiz und dem Bundesstrafgericht widersprochen. Die Behauptung einer „demokratischen Tradition“ darf als Begründung dienen, Foltervorwürfe nur oberflächlich zu untersuchen, um sie sofort als unglaubwürdig abzuweisen.

Es zeigt sich, dass mit der Verjährung der Strafe Spanien und den Schweizer Behörden eine peinliche Rüge erspart geblieben ist.

Mit freundlichen Grüssen

augenauf Zürich

Medienmitteilung Bundesverwaltungsgericht: https://www.bvger.ch/…/E…/E-2485-2017_MM_dt_ohne-Embargo.pdf
Urteil Bundesverwaltungsgericht: https://www.bvger.ch/…/Urteil%20E-2485-…/E-2485-2017_WEB.pdf

Tages-Anzeiger: https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Kein-Asyl-fuer-ETAAktivistin-Nekane-Txapartegi/story/28824517
NZZ: https://www.nzz.ch/schweiz/die-baskische-aktivistin-nekane-txapartegi-erhaelt-kein-asyl-ld.1334671
Watson: https://www.watson.ch/Schweiz/Z%C3%BCrich/527511707-Nekane-Txapartegi-erh%C3%A4lt-kein-Asyl-%E2%80%93-Beschwerde-der-ETA-Aktivistin-abgewiesen