Watson: «Klare Beweislage» – Nekane kämpft weiter um ihre Freilassung aus Zürcher Haft

Die Schweizer Behörden halten daran fest, die Baskin Nekane Txapartegi an Spanien auszuliefern. Auch das Asylgesuch der Aktivistin wurde abgelehnt. Txapartegis Anwälte werfen der Schweizer Justiz vor, geschlampt zu haben.
(Camille Kündig, 6. April 2017)

Die Schweizer Behörden wollen Nekane Txapartegi nach Spanien ausliefern. bild: jon urbe/ argazki press

Nekane Txapartegi sei erst wütend, dann enttäuscht gewesen über den Entscheid vom 22. März des Bundesamts für Justiz(BJ), sagt Rechtsanwältin Stephanie Motz an der Medienkonferenz am Donnerstag. Motz ist eine der beiden Anwälte, die Txapartegi in der Schweiz vertreten. Noch am selben Morgen hatte sie die baskische Aktivistin in Auslieferungshaft besucht. Gleich zwei niederschmetternde Entscheide hatte Txapartegi in den letzten Tagen verdauen müssen: Das BJ hält daran fest, die Baskin an Spanienauszuliefern und das Staatssekretariat für Migration lehnt ihr Asylgesuch trotz Folterverdacht ab. «Das empfindet sie als Erniedrigung», sagt Motz.

Die heute 44-jährige Baskin wurde 1999 in Spanien verhaftet. Sie sagt, danach sei sie tagelang verhört und gefoltert worden, bis sie schliesslich ein Geständnis unterschrieben habe, wonach sie die bewaffnete baskischen Separatistenorganisation ETA unterstützt haben soll. 2007 wurde sie zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Sie tauchte unter und kam 2009 mit ihrer Tochter in die Schweiz. Hier lebte sie sieben Jahr unter falschem Namen, bis sie vor einem Jahr verhaftet wurde, als sie ihre Tochter von der Schule abholen wollte.

Weitere Folterfälle in Spanien

Seither kämpfen ihre zwei Rechtsanwälte für ihre Freilassung. Ihr Geständnis sei unter Folter erzwungen worden und darum dürfe sie nicht ausgeliefert werden. Die Entscheide der Schweizer Behörden kritisieren sie scharf. In einer detaillierten Analyse, die watson vorliegt, nimmt der Genfer Anwalt Olivier Peter den Auslieferungsentscheid des BJ Punkt für Punkt unter die Lupe. Er kritisiert unter anderem, dass Fälle von Folter in Spanien im Fall von Operationen gegen die ETA als «selten» qualifiziert werden. Dies stimme nicht, sagt er. Zwischen 1979 und 2003 seien 49 spanische Beamte wegen Folter von angeblichen ETA-Unterstützern rechtskräftig verurteilt worden. Ausserdem würden zahlreiche Unterlagen und Expertenberichte vorliegen, die die von Txapartegi erlittenen Misshandlungen belegen, sagt Peter.

Der Genfer Anwalt Olivier Peter spricht bei der «Free Nekane»-Demo in Bern. bild: watson

Ebenfalls unzufrieden ist Stephanie Motz mit dem abgeschmetterten Asylgesuch. Der Entscheid sei juristisch fragwürdig und zeuge von einer unsorgfältigen Prüfung des Dossiers. «Zentrale Aspekte des Falles sind nur knapp erwähnt oder kaum gewürdigt worden», sagt sie. Txapartegi und ihre Rechtsvertreter Motz und Peter wollen die Entscheide der Behörden nicht auf sich sitzen lassen und sie ans Bundesverwaltungsgericht und ans Bundesstrafgericht weiterziehen. Notfalls würden sie sogar bis vor das Bundesgericht ziehen oder vor internationale Gerichtshöfe, so Motz. Beide Anwälte zeigen sich zuversichtlich, dass die Beschwerdeinstanz die Auslieferung von Txapartegi verweigern wird. Motz: «Es gibt selten Asylverfahren mit einer solch klaren Beweislage.»